Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Veröffentlicht am 31.01.2017 in Ortsverein

SPD Ortsverein an der Gedenkstätte Blosenberg

 

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Der Bundespräsident Roman Herzog, der anlässlich seines Todes in dieser Woche mit einem Staatsakt gewürdigt wurde, hat den 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 1996 proklamiert. Es ist passend, dass die Gerlinger SPD ihre schon Tradition gewordene Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hier in Leonberg auf diesen Tag verlegt hat. Ich möchte einen Text verlesen:

„Warum wir heute gedenken

Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nationalso­zia­listen bleibt notwendig. So versichert man sich, wo man selbst steht.

"Eine erinnerungspolitische Wende um 180°" forderte der thüringische AFD-Vorsitzende Björn Höcke vor Kurzem. Er klagte, wir Deutschen seien „das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“. Das Holocaustmahnmal ist in der Tat ein „Denkmal der Schande“: Die Vernichtung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland ist eine ewige Schande. Sie wird nicht vergessen werden, ganz unabhängig davon, ob man in Deutschland Mahnmale errichtet oder nicht.

Was kritische Aufmerksamkeit verdient, ist Höckes Forderung einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“, weil „die deutsche Geschichte mies und lächerlich gemacht“ werde und weil „wir“ bis heute nicht in der Lage seien, „unsere eigenen Opfer zu betrauern“.

Man kann solche Sätze nur formulieren, wenn man all jene deutschen Juden, Christen, Sozialdemokraten und Kommunisten, all jene deutschen Sinti und Roma, Homosexuellen, Menschen mit Behinderungen und Arbeitslosen, die in Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden, nicht für Deutsche hält.

Der deutsche Sozialdemokrat, der vom Nachbarn denunziert, von der Gestapo gefoltert und ins Lager gebracht wurde, gehört demnach nicht zu „uns“. Der Nazi, der von einer britischen Bombe in Dresden getötet wurde, aber schon? Das ist offensichtlicher Unsinn, der so profanen wie durchsichtigen propagandistischen Zwecken der Gegenwart dient.

Wer seine Geschichte nicht kennt, der weiß nicht, wer er ist.

Man kann den Apologeten des „Schlussstrichs“ nur immer wieder dasselbe entgegnen: Jede Familie und jede Gesellschaft lebt in und mit Traditionen und Überlieferungen. Wer seine Geschichte nicht kennt, weiß nicht, wer er ist, und hat also auch keine Zukunft.

Warum gedenken wir am 27. Januar der Befreiung des Vernichtungslagers ­Auschwitz durch die Rote Armee, der jüdischen Opfer der NS-Diktatur und ihres Vorhabens der „Endlösung der Judenfrage“? Weil wir uns als Deutsche, in deren Namen dieses Verbrechen begangen wurde, dazu verpflichtet fühlen, Verantwortung zu übernehmen dafür, dass die Opfer wenigstens nicht vergessen werden. Weil die Auseinandersetzung mit der Hitle r ’schen Zustimmungsdiktatur und den Verbrechen der Nationalso­zia­listen notwendig ist, um sich zu versichern, wo man steht.“

Quelle: Ulrich Gutmair, TAZ-Online, 27.01.17. Wir danken dem Autor für die Genehmigung zum Abdruck des Textes.

 

In diesem Jahr werden wir, das lässt sich absehen, auf vielfältige Weise herausgefordert werden, gerade auch als Sozialdemokraten – wieder als Sozialdemokraten – dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das schaffen wir nur, wenn wir zusammenstehen. JT