Die Grundsteuerreform ist ungerecht und misslungen Teil 2

Veröffentlicht am 01.04.2024 in Ortsverein

Die Grundsteuerreform ist ungerecht und misslungen (Teil 2)

Anknüpfend an unsere Ausführungen im letzten GAZ: Die Grundsteuerreform der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg ist komplett schiefgelaufen, ungerecht und sozial unausgewogen. Diese führt zu massiven Mehrbelastungen bei den einen - und zu unverständlichen Entlastungen bei anderen.
Ganz anders in unserem SPD-regierten Nachbarland Rheinland-Pfalz. Dort wurde das „Bundesmodell“ übernommen. Doch wie unterscheidet sich dies vom hiesigen „Landesmodell“?

Das sind die wesentlichen Merkmale des Landesmodells:

    • Baden-Württemberg hat sich für eine Bodenwertsteuer entschieden.
    • Bei der Grundsteuer B wird der Wert fast ausschließlich aus dem Bodenwert berechnet, der sich aus der Grundstücksfläche mal dem Bodenrichtwert ergibt. Zur Orientierung: Wohnflächen „kosten“ in Gerlingen rund 1000 € pro qm, Gewerbeflächen etwa 300 €.
    • Die Bebauung und Nutzung der Grundstücke spielen fast keine Rolle.

Die Berechnung der Grundsteuer in Rheinland-Pfalz erfolgt nach dem Bundesmodell, ist wesentlich differenzierter und berücksichtigt auch die Nutzung und Wertigkeit des Gebäudes.


Deren Grundsteuer wird wie folgt berechnet:

Grundsteuer = ((Grundstücksfläche x Bodenrichtwert pro qm) + (Gebäudefläche x durchschnittlicher Mietpreis pro qm)) x Steuermesszahl x Hebesatz

Hierbei sind:

  • Grundstücksfläche: Die Fläche des Grundstücks in qm.
  • Bodenrichtwert: Der Wert des Bodens pro qm, der von den Gutachterausschüssen festgelegt wird.
  • Gebäudefläche: Die Fläche des Gebäudes in qm.
  • Durchschnittlicher Mietpreis: Der durchschnittliche Mietpreis pro qm, der für die Berechnung des Gebäudewertes herangezogen wird.
  • Steuermesszahl: Eine gesetzlich festgelegte Zahl, die je nach Art des Grundstücks variiert.
  • Hebesatz: Ein Prozentsatz, der von der jeweiligen Gemeinde festgelegt wird und die Höhe der Grundsteuer letztlich beeinflusst.

Ziemlich kompliziert? Nein - nur auf den ersten Blick und bei der erstmaligen Berechnung der Besteuerungsgrundlagen etwas aufwändiger. Durch die Differenzierung fließt jedoch auch die Nutzung des Grundstücks und der Gebäudewert mit in die Berechnung ein. Das macht die Grundsteuer gerechter.
Der „Oma ihr klein Häuschen“ wird damit nicht so belastet, wie beim Landesmodell, ebenso Gewerbeimmobilien nicht entlastet. Außerdem zahlen die Eigentümer/Mieter hochpreisiger Luxus-Neubauten mehr Steuer als Eigentümer/Mieter älterer und einfacherer Gebäude. Ganz anders jedoch in Baden-Württemberg: Der Bodenwert ist entscheidend für die Grundsteuer. Für ländliche Regionen, im Schwarzwald oder auf der schwäbischen Alb mag diese extreme Vereinfachung der Berechnung vielleicht noch akzeptabel sein, nicht jedoch für die Metropolen und deren Umland mit horrenden Grundstückspreisen für Wohngebäude.

Warum nur machte die grün-schwarze Landesregierung diesen Alleingang, diese Grundsteuer-Geisterfahrt? Die Antwort können wir nicht geben, nur den Kopf darüber schütteln. Denn: Fast alle anderen Bundesländer fahren in die andere Richtung oder ließen sich bei deren Landesgesetzgebung vom Bundesmodell des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz zumindest „navigieren“.

Allerdings: die SPD-Fraktion im künftigen Gerlinger Gemeinderat wird sehr genau aufpassen, dass zumindest das Grundsteueraufkommen (insgesamt) nicht erhöht wird. Die sozialen Verwerfungen mit den Gewinnern und Verlierern der Grundsteuerreform können wir jedoch auf kommunaler Ebene nicht verhindern, allenfalls etwas abmildern. Da „haben wir leider den Salat“.

Hans-Peter Niechziol