Bebauungsplan "Leonberger Weg West"

Veröffentlicht am 20.07.2011 in Fraktion
Fraktion 2010

SPD-Fraktion steht Bebauungsplan kritisch gegenüber

Aufstellung eines Bebauungsplans „Leonberger Weg West“
Derzeit wird im Gerlinger Gemeinderat darüber diskutiert, ob neben dem neu bebauten Wohngebiet im Bereich Blätschenäcker weitere Flächen für die Wohnbebauung freigegeben werden sollen. Die zur Verfügung stehende dreieckige Fläche umfasst rund 4,55 ha. Die Eckpunkte befinden sich in etwa an der Kreuzung Ring- und Hans-Keil-Straße, der Kreuzung Ring- und Rosenstraße sowie der Abzweigung Steingrübenweg / Im Grimmle. Rund 90 % der Fläche sind derzeit Grünland, Ackerflächen, Streuobstwiesen und Gärten.
Man müsse auf die große Nachfrage nach Bauland reagieren und gerade für junge Familien bezahlbaren Wohnraum schaffen, heißt es.. Das Planverfahren müsse man bereits heute anstoßen, da die tatsächliche Bebauung sich noch bis zu zehn Jahren hinziehen werde. Außerdem gebe es durch die Bebauung in den Gebieten Blätschenäcker, Körnle und Hertling eine bauliche Lücke, die geschlossen werden solle. Gerlingen tun zusätzliche Einnahmen (z. B. bei der Einkommensteuer) gut. Diese Argumente wollen wir näher betrachten:
Schaffen wir mit dem Baugebiet „Leonberger Weg West“ bezahlbaren Wohnraum für junge Familien?
Richtig ist, dass sich bei Grundstücksvergaben, wie etwa im Gebiet Kappel-Stahler (Obere Ringstraße), viele Interessenten melden, die gerne in Gerlingen bauen möchten. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuen Bauflächen verkauft werden würden. Günstiger Wohnraum wird mit neuen Bauflächen allerdings nicht geschaffen. Das belegen die bisher gemachten Erfahrungen. Wer heute nach Bauland in Gerlingen sucht, dürfte nicht bis zu zehn Jahren warten wollen, bis der Leonberger Weg bebaut sein soll. Die heutige Nachfrage lässt sich also durch ein langfristiges Planungsverfahren nicht bedienen.
Brauchen wir dringend neue Flächen für die Bevölkerungsstruktur in Gerlingen?
Seit 1970 liegt die Einwohnerzahl konstant bei knapp unter 20.000, dagegen ist die bebaute Fläche enorm gewachsen. Woran liegt das? Zum einen an den gewachsenen Ansprüchen der Bewohner. Betrachtet man allerdings die Altersstruktur in Gerlingen, scheint folgende Entwicklung plausibel: Dem statistischen Landesamt zufolge waren im Jahr 2009 zehn Prozent der Gerlinger Bevölkerung 75 Jahre und älter. Insgesamt sind über 23 % über 65 Jahren alt gewesen. Der hohe Flächenverbrauch dürfte also auch daran liegen, dass der Nachwuchs zwischenzeitlich ausgezogen ist und nun im selben Wohnraum weniger Personen leben. In den nächsten zehn Jahren, die bis zur Bebauung des Leonberger Wegs vergehen sollen, werden vermutlich allein durch den zu erwartenden Bevölkerungsumbruch entsprechende Wohnflächen in Gerlingen frei.
Zum Argument der baulichen Lücke
Gerlingen wird nicht nach geometrischen Mustern am Reißbrett geplant. Daher ist immer damit zu rechnen, dass Bebauungsgrenzen nicht exakt linear oder kreisförmig verlaufen. Eine bauliche Lücke (was auch immer darunter verstanden werden will) sollte kein Grund für eine Neuausweisung von Bauflächen sein.
Zusätzliche Einnahmen durch höhere Zuweisungen im Bereich der Einkommensteuer
Überzeugend ist ein solches Argument nur, wenn den höheren Einnahmen die damit verbundenen Mehrausgaben z. B. für Infrastruktur und deren Instandhaltung in einer Investitionsrechnung über die Nutzungsdauer gegenübergestellt werden. Nach unserer Kenntnis liegt eine solche Prognose-Rechnung nicht vor.
Weitere offene Fragen?
Flächenverbrauch: Gerlinger hatte im Jahr 2008 nach dem Flächennutzungsplan noch unbebaute Wohnbauflächen von rund 16,5 ha. Zwischenzeitlich wurden in den Gebieten Blätschenäcker, Körnle und Kappel-Stahler gebaut, sodass heute nur noch etwa 10 ha zur Verfügung stehen. Abzüglich des Baugebiets Leonberger Weg blieben noch rund 6 ha übrig. In den letzten 20 Jahren wurden insgesamt etwa 15 ha Wohnflächen versiegelt. In absehbarer Zeit stehen keine Flächen mehr zur Verfügung.
Infrastruktur: Der Steingrübenweg ist heute bereits an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Zur Erschließung müsste er erheblich ausgebaut werden. Weiter wäre zu fragen, ob für ein weiteres Wohngebiet in diesem Bereich die Kapazitäten z. B. für Kinderbetreuung vorhanden sind.
Unsere Meinung:
Wir stehen dem Baugebiet „Leonberger Weg West“ kritisch gegenüber. Wir möchten es gerne vermeiden, dass kurz nach der Fertigstellung des Wohngebiets Blätschenäcker das Stadtbild durch ein weiteres Großvorhaben in diesem Gebiet unumkehrbar verändert wird. Dass bis zur Bebauung zehn Jahre vergehen sollen, halten wir für unwahrscheinlich und soll vermutlich etwas zur Beruhigung beitragen. Die Altersstruktur der Gerlinger Bevölkerung lässt in den nächsten zehn Jahren größere Umbrüche vermuten. Der Handlungsbedarf ist daher nicht so dringend, dass man bereits heute neue Wohnbaugebiete in dieser Größenordnung ausweisen muss; wenn überhaupt, sollte die Fläche verkleinert werden. Wir sollten zunächst die anderen Großprojekte wie das Träuble-Areal oder die Stadtkernsanierung abschließen, bevor neue Baumaßnahmen angegangen werden.
Ihre SPD-Fraktion wünscht Ihnen schöne und erholsame Sommerferien.
Brigitte Fink
Roger Lutz
Barbara Günther
Frank Moll